Max Schwimmer
Max Schwimmer offenbart als Maler und Zeichner einen einzigartigen erotischen Sensualismus, dessen vornehmste Ausdrucksmittel ein expressiver Kolorismus und die feinnervige Eleganz seines Zeichenstils sind. Nach spätexpressionistischen Anfängen entwickelte er seine Malerei in den 1920er Jahren unter dem Einfluss des Fauvismus von Henri Matisse und Pierre Bonnard, vermittelt durch seinen Lehrer Hans Purrmann, zu hellen heiteren Klangfarben. Als Zeichner blieb er dem deutschen Impressionisten Max Slevogt zeitlebens zugewandt, auch wenn ihn das starke Erlebnis der Malerei von Max Beckmann nach 1945 fast abtrünnig machte und zu metaphorischer Verdichtung führte.

Vita
1895 | in Leipzig geboren |
1910-1915 | Ausbildung zum Volksschullehrer am Lehrerseminar in Leipzig-Connewitz |
1916 | Tätigkeit als Hilfslehrer und Vikar in Obersaida und Marienberg |
1917 | Anmietung eines Ateliers in Leipzig |
Anfänge seiner künstlerischen Tätigkeit | |
1918 | Beginn der Mitarbeit bei der Satirezeitschrift »Die Aktion« |
1919-1923 | Studium der Kunstgeschichte und Philosophie an der Leipziger Universität |
Anschluss an die antibürgerliche Kabarett-Szene und Kontakt zu Hans Reimann, Erich Weinert, Slang (Fritz Hampel), Joachim Ringelnatz und Johannes R. Becher | |
Mitarbeit bei der Satirezeitschrift »Der Drache« | |
1922 | Heirat mit der Grafikerin Eva Schwimmer, geb. Götze (1901-1986) |
1923 | Geburt der Tochter Gabriele |
Mitglied der SPD | |
1923/1924 | Tätigkeit als Lehrer in Eythra bei Leipzig |
Beginn der langjährigen freien Mitarbeit als Pressezeichner und Illustrator der »Neuen Leipziger Zeitung« und der »Leipziger Volkszeitung« | |
Reise nach Italien und Teilnahme an einem Sommerkurs bei Hans Purrmann auf Ischia | |
Übersiedlung nach Berlin | |
1925 | Geburt der Tochter Francis |
Rückkehr nach Leipzig | |
1926 | Reise nach Paris und Südfrankreich |
1926-1933 | Zeichenlehrer an der Kunstgewerbeschule in Leipzig |
1933 | Diffamierung und Konfiszierung seiner Werke als »entartete Kunst« |
Entlassung aus dem Lehramt durch das NS-Regime | |
Ende der Mitarbeit als Illustrator bei der »Leipziger Volkszeitung« und verstärkte Hinwendung zur Buchillustration | |
Trennung von Eva Schwimmer | |
1929 | Zweite Reise nach Paris und Südfrankreich |
1934/1935 | Reise über Salzburg nach Dalmatien und in die Tschechoslowakei sowie Aufenthalt in Brüssel |
1939 | im Zweiten Weltkrieg zunävhst Einberufung zum Sanitätshilfsdienst in Leipzig |
1943 | Heirat mit der Malerin Ilske Schwimmer, geb. Naumann (1915-1969) |
bei dem Luftangriff am 4. Dezember auf Leipzig gehen das Wohnhaus, die Bibliothek und ein Großteil seines Werks verloren | |
1944 | Übersiedlung nach Wohlbach im Vogtland |
1944/1945 | in der Wehrmacht Dienst in der Wachmannschaft des Kriegsgefangenenlagers Stalag IV B in Mühlberg/Elbe, schließlich Flucht nach Altenburg und von dort nach Wohlbach |
1945 | Eintritt in die KPD |
1946-1951 | Professor und Leiter der Abteilung Graphik an der Staatlichen Akademie für Graphische Künste und Buchgewerbe Leipzig, wegen künstlerischen und kulturpolitischen Differenzen mit der Akademieleitung 1951 entlassen |
1951-1960 | Leiter der Abteilung Graphik an der Hochschule für Bildende Künste Dresden (HfBK) |
1952 | Ordentliches Mitglied der Deutschen Akademie der Künste Berlin |
1955 | Vaterländischer Verdienstorden in Silber |
1956 | Nationalpreis II. Klasse |
1956-1958 | Sekretär der Deutschen Akademie der Künste Berlin und Vorsitzender der Sektion Bildende Kunst |
1957 | Schilddrüsenoperation, zunehmend gesundheitliche Probleme |
1960 | in Leipzig gestorben |
Schwimmers Illustrationen bestechen durch die Leichtigkeit des Strichs, durch das elegante Spiel der Linien, das bald zärtlich und schmeichelnd, bald kräftig erstarkend, bald gemessen schreitend, bald sprudelnd launisch die Fläche belebt. Die Illustrationen erwecken das Gefühl leichtester Improvisation, geben den Eindruck traumhaften Schwebens.
Lothar Lang, Von Hegenbarth zu Altenbourg. Buchillustration und Künstlerbuch in der DDR, Stuttgart: Hauswedell 2000
Seine Handschrift charakterisiert eine geistvolle Linie. Eine Linie, die nicht einfach den Umriss einer Figur für eine irgendwie beabsichtigte Wirkung nachzeichnet. Die Linie fasst bei Schwimmer mehr. Sie will nie nüchtern Bericht geben. Dort, wo das bloße Wiedergeben endet, setzt sie erst an. Seine Linie ist Erregung, erfüllt vom Hinstreben zum Gegenstand, zittert vom Hingerissensein, von der Anbetung, erhält ihren Schwung von der Liebe. Sie offenbart sein erotisches Verhältnis zur Welt.
Max Schwimmer. Liebling der Musen, Katalog zur Ausstellung, Dresden: Galerie Himmel 2017
Von allen sächsischen Künstlern der letzten zwei Jahrhunderte ist Schwimmer vielleicht der französischste. Seine Blätter sind, übersetzt in Musik, weit entfernt vom teutonischen Geist eines Richard Wagner. In ihnen flimmern eher die Lichter von Delibes, Debussy, Ravel.
Leipzig den Hintern gezeigt, Sächsische Zeitung vom 2. Februar 2017
Und danken Sie freundlichst in meinem Namen auch Herrn Professor Schwimmer für das von ihm mit so genialisch leichter und feiner Hand illustrierte ›Tagebuch‹, an dem ich große Freude habe. Ich habe für diese kecke Moralität immer eine besondere Neigung gehabt.
Johann Wolfgang von Goethe, Das Tagebuch. Mit farbigen Illustrationen von Max Schwimmer (Berlin: Verlag der Nation 1997), Vorwort