Hubertus Giebe
Der Dresdner Maler und Grafiker Hubertus Giebe ist kein Mann für das Ungefähre. Als Autor und ungewöhnlich belesener Intellektueller argumentiert er bisweilen scharf und unnachgiebig gegen wohlfeile Vereinfachungen und einen entkoppelten Kunstmarkt. Als Maler formuliert er in einer expressiven Bildsprache prägnante und kontrastierende Gleichnisse über die Welt und die Weltgeschichte.

Vita
1953 | in Dohna bei Dresden geboren |
1969-1972 | Abendstudium der Malerei und Grafik an der Hochschule für Bildende Künste Dresden (HfBK) |
1972 | Abitur |
1974-1976 | Studium der Malerei und Grafik an der HfBK Dresden |
Exmatrikulation auf Wunsch | |
Vorläufige befristete Arbeitserlaubnis als freiberuflicher Maler und Grafiker in Dresden | |
1977 | Heirat mit Marlies Kettner |
1978 | Externes Diplom an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig (HGB) |
1978-1979 | Meisterschüler bei Bernhard Heisig an der HGB Leipzig |
1979 | Geburt des Sohnes Caspar |
1979-1982 | Assistent für Malerei und Grafik an der HfBK Dresden |
1980 | Beginn der grafischen Arbeiten zu Günter Grass »Die Blechtrommel« und zu Heiner Müller »Die Schlacht« (anlässlich einer Inszenierung am Staatsschauspiel) |
1982 | druckgrafische Mappenwerke in kleinen Auflagen zu moderner Lyrik und Prosa |
Teilnahme an der V. Triennale Indien, Neu Dehli | |
1982-1986 | gemeinsam mit Johannes Heisig Leitung des künstlerischen Grundlagenstudiums der Malerei und Grafik an der HfBK Dresden |
1985 | Hauptpreis der Triennale Realistischer Malerei, Sofia |
1987 | Dozent für Malerei und Grafik an der HfBK Dresden |
1988-1991 | Leitung einer Fachklasse an der HfBK Dresden |
1988 | Radierungen für eine bibliophile Ausgabe von Günter Grass »Die Blechtrommel« |
1989 | Rede auf der Demonstration der Dresdner Künstlerverbände für Meinungsfreiheit, Demokratie und politischen Wandel am 19. November in Dresden |
1991 | Kündigung des Lehrverhältnisses an der HfBK Dresden und Wiederbeginn der freischaffenden Tätigkeit |
Reisen nach Basel, Paris, Rom, Venedig, London und Madrid sowie nach Dänemark, Norwegen und Griechenland, auch in den Folgejahren | |
1997 | 1. Preis für Grafik der »Nordwestkunst `97« Wilhelmshaven |
1999 | Reisen nach San Francisco und New York, auch in den Folgejahren |
2000 | erste plastische Arbeiten in Bronze |
2002 | Aufnahme des Gemäldes »Der Widerstand – für Peter Weiss« (1986) in die ständige Ausstellung »XX. Jahrhundert« der Neuen Nationalgalerie, Berlin |
2003 | Werkmonographie von Jörg Makarinus im Verlag der Kunst, Dresden |
2004 | Vertretungsprofessur für Malerei an der Universität Dortmund |
2007 | Wilhelm-Morgner-Preis für Malerei der Stadt Soest |
2010 | im Leipziger Literaturverlag erscheint der Essayband »Der geschliffene Elfenbeinturm« |
2012 | Gesprächsporträt für MDR Fernsehen (artgenossen.tv, Wilm Heinrich) |
Auftrag für das Rektorenporträt »Prof. Hermann Kokenge« durch die Technische Universität Dresden (TU) | |
Übergabe von Tagebüchern, Skizzenbüchern, Manuskripten/Typoskripten sowie beinahe sämtlicher Korrespondenz an das Archiv der Akademie der Künste, Berlin | |
2020 | Falkenrot-Preis, Künstlerhaus Bethanien, Berlin |
2021 | Bronzebildnis in mehreren Fassungen von Gottfried Benn |
lebt und arbeitet in Dresden |
Die Bildwelten von Hubertus Giebe loten die Untiefen unseres Mensch-Seins aus, demaskieren und hinterfragen unsere Gesellschaft, gleich bildgewordenen Mahn- oder Klagemalen. Doch während diese Malerei unsere Humanität adressiert, verfällt sie nie in kunstfremde Rhetorik, sondern spricht die reine Sprache der Malerei, folgt allein ihren Gesetzen und misst sich immerfort an den Größten ihrer Zunft.
Kairos. Hubertus Giebe zum 70. Geburtstag, in: Kairos. Hubertus Giebe, Dresden: Galerie Himmel 2023, S. 7
Dieser junge Mann hat, über Jahre schon, Blätter und Bilder von alten Menschen geschaffen, von so einer Milde und Härte zugleich, daß dernicht aufgelöste und nicht aufzulösende Widerspruch des Lebens – zu leben und zu vergehen – uns anweint und anlächelt in einem. Von diesem Mysterium des Lebens ist Giebe durchdrungen. Er wird sich, seine Mittel übend und sie schließlich vergessend, immer wieder überwältigen lassen, wird die reine Substanz herausheben aus den Erscheinungen, wird ihr Licht akkumulieren und es zurückverwandeln in eine andere Form von – unaufbrauchbarer – Energie.
Hubertus Giebe (Porträt), in: Jörg Makarinus, Hubertus Giebe, Dresden: Philo fine arts Verlag der Kunst 2003, S. 51/52
Hubertus Giebe ist ein homo politicus, in seiner Generation unter den deutschen Künstlern Ost und West, wenn man noch so sagen kann, sicher der bedeutendste »politische« Maler, umgetrieben von Faschismus und Stalinismus und Ihren Folgen bis auf den heutigen Tag. Ein Hauptwerk, »Das Lager« sagt über alles alles.
Hubertus Giebe. Aufregung und Stimulanz, in: Künstler in Dresden, Dresden: Verlag der Kunst 2005
...in all diesen Entreißungen von Wirklichkeitssubstanz dominiert eine spürbare Kontrapunktik zwischen Bewegung und Erstarrung. Scheint zunächst das flirrende Spiel der dynamischen Formen und leuchtenden Farben den Bildraum zu überfluten, so wird beim zweiten Blick überraschend Stillstand, Brechung und ein fast zwanghaftes Eingebunden-Sein der Formen registriert. Dem Ausufern der einzelnen Form- und Farbpartien steht eine festgezurrte Struktur gegenüber, die in eigenartiger Reglosigkeit verharrt. Maskenartige Gesichter, innerlich erregt und doch schockartig gebannt, Körper, die sich aus ihrer Verankerung lösen und doch schwergewichtig im Raum lasten, oder Gegenstände und Zeichen, die sich in die Fläche ausbreiten wollen, aber plötzlich fest verortet scheinen, bestimmen die Bildgefüge von Hubertus Giebe. Allein der Kontrast zwischen diagonaler Durchquerung und gerundeter Einbindung, der Giebes Werke wie ein haltgebendes Netzwerk durchwirkt, offenbart diesen spanungsreichen gestalterischen Konflikt seiner Bildfindungen, was nicht zuletzt zu ihrer nachhaltig-bohrenden Intensität beiträgt.
Im Spannungsfeld zwischen Wirklichkeit, Mythos und Groteske. Zur Kunst von Hubertus Giebe, in: Hubertus Giebe. Schein & Chock, Dresden: Sandstein Verlag 2016, S. 17-20
weitere Ausstellungen
1980 | Galerie Comenius, Dresden (erste wichtige Ausstellung, durch Diether Schmidt) |
1982 | Neu Dehli: »V. Triennale India« (Beteiligung) |
1984/1985 | The Barbican Gallery, London, Museum of Modern Art, Oxford, Coventry, Sheffield, Henie-Onstad-Kunstsenter, Oslo: »Tradition and Renewal« (Beteiligung) |
1986 | International Contemporary Art Fair, London (Beteiligung) |
1988 | Galerie Brusberg, Neues Kunstquartier, Berlin, Kunsthalle Emden, Stiftung Henri und Eske Nannen: »Zeitvergleich II« (Time Comparison II) (Beteiligung) |
1989 | Museum moderner Kunst, Wien: »Kunst der letzten 10 Jahre« (Beteiligung) |
Tokio, Nagano, Kumamoto, Hakodate, Kamakura und Sendai in Japan: »Zeitzeichen« (Beteiligung) | |
1990 | 44. Biennale di Venezia, Venedig: »Geschichtsbilder« (Einzelausstellung) |
Chicago International Art Exposition, Chicago (Beteiligung) | |
Raab Gallery at Millbank, London | |
1991 | Saarlouis: »Bilanz - Deutsche Kunst aus Ost und West« (Sammlung Ludwig, Beteiligung) |
1992 | Museé National d´Histoire et d´Art, Luxembourg: »Von der Teilung bis zur Wiedervereinigung – 40 Jahre Kunst in Deutschland« (Sammlung Ludwig) (Beteiligung) |
Sunderland, Carlisle, Aberystwyth, Glasgow und Sheffield: »Turning Points: East German Art in Revolution« (Beteiligung) | |
1993 | Galerie Brusberg, Berlin: »Goya & Compagnie: Los Desastres de la Guerra oder Die Schrecken des Krieges« (Beteiligung) |
1994 | Galerie Brusberg, Berlin: »Hubertus Giebe – Wolfgang Petrick« |
1997 | Museum Ludwig, Köln: »Bilder aus Deutschland – Kunst aus der DDR« (Beteiligung) |
1996 | Gemäldegalerie Neue Meister, Dresden, Galerie Oberes Belvedere, Wien, Staatliche Belinskij-Bibliothek in Jekaterinburg: »Oskar Kokoschka und Dresden« (Beteiligung) |
1999 | Gedenkstätte KZ Osthofen: »Geschichtsbilder. Memorial« |
2000 | Lehmbruck-Museum, Duisburg: »Ex Oriente Lux, Hommage à Otmar Franz« (mit Michael Morgner und Jiri Tichý) |
Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz, und Winckelmann-Museum, Stendal: »Antikenrezeption heute« (mit Gerhard Marcks und Ernst Hassebrauk) | |
2003 | Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg |
2005 | Günter-Grass-Haus, Lübeck: »Blechtrommel-Grafiken« (von Günther Grass eröffnet) |
2006 | Heinrich-Heine-Institut, Düsseldorf (Grafikretrospektive) |
2009 | Palais im Großen Garten, Dresden: »Geschichtsbilder« (Katalog) |
Kunsthandlung Koenitz (heute GALERIE HIMMEL), Dresden: »Druckgrafik aus 30 Jahren« | |
2010 | Museum der bildenden Künste, Leipzig: »Ludwig in Leipzig II« (mit Wolfgang Peuker) |
2012 | Kunsthandlung Koenitz (heute GALERIE HIMMEL), Dresden: »Zwei Männer in Betrachtung des Mondes« |
2012/2013 | Retrospektiven anlässlich des 60. Geburtstages: Raab Galerie, Berlin; Neue Sächsische Galerie, Chemnitz; Kunstmuseum Wilhelm-Morgner-Haus, Soest; Städtische Sammlungen Freital, Schloss Burgk; Ernst-Rietschel-Haus, Pulsnitz und Galerie Brüderstraße, Görlitz |
2013 | Museum Fridericianum, Kassel: »Jordaens und die Moderne« (mit Johannes Grützke und Rainer Mordmüller) |
Städtische Sammlungen Freital, Schloss Burgk: »Dresden Neustadt. Zwischen Frühlingsstraße und Lutherkirche« | |
Kunsthandlung Koenitz (heute GALERIE HIMMEL): »Hubertus Giebe – Handzeichnungen« | |
2014 | Galerie Brüderstraße, Görlitz: »Johannes Wüsten, Hubertus Giebe – Grafik« |
Kunstkabinett Regensburg | |
2015 | Galerie Budissin, Bautzner Kunstverein e.V., Bautzen: »Hubertus Giebe – Malerei/Grafik« |
John-Heartfield-Haus, Waldsieversdorf | |
2016 | Neue Galerie, Kassel: »Die Sprache der Malerei« |
GALERIE HIMMEL, Dresden: »Herkules, Maske & Meer« | |
2018 | Museum Wilhelm Morgner, Soest: »Gezeiten. Die Dichte der Welt« (mit Gerard van Smirren) (Katalog) |
Städtische Galerie, Dresden: »Schein & Chock« (Katalog) | |
GALERIE HIMMEL, Dresden: »Die Sprache der Malerei« | |
2019 | Museum der Bildenden Künste, Leipzig: »Point of No Return – Wende und Umbruch in der ostdeutschen Kunst« (Beteiligung) |
Galerie Rosemarie Bassi, Remagen: »Abendland« | |
Ostsächsische Kunsthalle, Pulsnitz | |
2020 | Künstlerhaus Bethanien, Berlin: »Falkenrot-Preis 2020« |
2021 | GALERIE HIMMEL, Dresden: »Winterreise« |
2023 | Museum No Hero, Delden, Niederlande: »Die Überraschung. Sechzig Werke ostdeutscher Künstler vor und nach der Wende« (Beteiligung) |
Galerie Neue Meister, Staatliche Kunstsammlungen Dresden: »Geteilter Kopf. Werke von Hubertus Giebe aus dem Bestand« | |
GALERIE HIMMEL, Dresden: »Kairos« (Katalog) | |
Galerie Raab, Berlin: »Die Augen voller Träume« |