Hermann Naumann
Hermann Naumann ist einer der letzten Vertreter einer Generation, die eine grundtiefe Bindung zur klassischen Moderne und ihren Protagonisten im Herzen trägt. Im Grunde ist er einer von ihnen. Und so scheinen in seinen durch leuchtende Farben und expressive Formen geprägten Bildern immer wieder Anklänge von der Brücke, über den Blauen Reiter bis hin zum russischen Suprematismus auf.

Vita
1930 | in Kötzschenbroda (Radebeul) geboren |
1946 | Schüler des Bildhauers Burkhart Ebe-Kleinecke in Oberlößnitz (Radebeul) |
1947-1950 | Werkstatt-Studium bei dem Bildhauer Herbert Volwahsen in Loschwitz (Dresden) |
1950 | Aufnahme als jüngstes Mitglied in den Verband Bildender Künstler Deutschlands (VBK) |
Heirat mit der Bildhauerin Ursula Stöhr | |
Bezug eines Ateliers im Künstlerhaus Loschwitz (Dresden) | |
1952 | erste Punzenstich-Folge zu Franz Kafka »Der Prozess« |
1959 | Schließung der Ausstellung im Lindenau-Museum in Altenburg wegen »Staatsgefährdung« |
1960 | Grafikpreis der CDU (3. Preis für Zyklen) für die Illustrationen zu »Tewje der Milchmann« von Scholem Alejchem |
1962-1969 | Freundschaft mit Otto Dix, intensiver Briefkontakt und regelmäßige Treffen bei dessen Aufenthalten in Dresden |
1966 | Schließung der Ausstellung in Schloss Moritzburg wegen »Staatsgefährdung und Unsittlichkeit« unter Protest von Otto Dix |
1969 | Auszeichnung »Schönste Bücher der DDR« für die Illustrationen zu jiddischen Dichtungen »Meine jüdischen Augen« (Leipzig: Philipp Reclam jun. 1969) |
1975 | Grabdenkmal für den 1974 verstorbenen Freund Ernst Hassebrauk auf dem Loschwitzer Friedhof |
1976 | Auszeichnung »Schönste Bücher der DDR« für die Illustrationen zu »Rimbaud – Gedichte« (Leipzig: Verlag Philipp Reclam jun. 1976) |
1987 | Ehrendoktorwürde der Accademia Italia delle Arti e de lavoro, Salsomaggiore Terme |
1991 | Heirat mit Helga Luzens, seit 1971 Muse und Modell |
Reise in die Toskana (Itaien) | |
1994 | Umzug in das Hofmannsche Gut in Dürrröhrsdorf-Dittersbach in der Sächsischen Schweiz |
2000 | Ausstellung zum 70. Geburtstag im Stadtmuseum Dresden |
2010 | Ausstellung zum 80. Geburtstag in der Kunsthandlung Koenitz (heute GALERIE HIMMEL) Dresden |
2025 | in Dittersbach-Dürrröhrsdorf gestorben |
Ich hatte sehr viele Themen - die Bibel, ostjüdische Lyrik, Dauthendey, Kafka -, das sind weit auseinander liegende Geisteswelten. Die Formensprache muss das widerspiegeln. (...) Nur wenn mir meine schöpferischen Kraft Mittel in die Hand gibt, etwas Kongeniales schaffen zu können, darf ich auf diese Dichter antworten.
Das Unmögliche möglich machen. Gespräch von Axel Helbig mit Hermann Naumann, in: Ostragehege, Heft 58, Dresden 2010
Der kaum gebremsten Variationslust in den Techniken und Genres entspricht die formale Behandlung seiner Bildwelten. Weit spannt sich der Bogen zwischen teils realistisch-expressiven, teils surrealen, oft aber auch abstrakten Bildfindungen. Die Ursache für diese Polyphonie, dieses Offenhalten der Form, ist in seiner universellen Begabung zu suchen. Dem, dessen Formgewalt sich in allen Gattungen ungezwungen manifestiert, dessen Virtuosität sich jeder Technik bemächtigt, ist die Selbstunterwerfung unter eine forcierte Stilisierung (...) nur unnötige Reduktion seiner Mittel.
Hermann Naumann. Zum 80. Geburtstag, Faltblatt zur Ausstellung, Dresden: Kunsthandlung Koenitz 2010
In der Malerei pflegt Hermann Naumann eine nicht allzu eng aufgefasste expressive Abstraktion, zwischen den Polen des rein Abstrakten und des Expressiven gleichsam pendelnd. Sowohl die realistisch-figürlichen als auch die konstruktiven Bilder sind durch spannungsgeladene Flächenkompositionen und eine vitale und unverbrauchte Farbpalette gekennzeichnet. – In den Aquarellen wirkt der Expressionismus der Brücke nach, leuchten Farbwelten eines späten Ernst Ludwig Kirchner, Anklänge an Emil Noldes mystischen Kolorismus auf. Hart stehen Farbtöne nebeneinander, von nachtschwarzen Teilungen konturiert. In den stärker abstrahierenden Aquarellen nähert sich Hermann Naumann dann wieder seinen Vorbildern des Blauen Reiter, provoziert Vergleiche mit August Macke, Franz Marc oder Wassily Kandinsky.
Laudatio zur Eröffnung der Ausstellung ″Hermann Naumann. Malerei und Plastik der frühen Jahre″, 18.01.2013, Kunsthandlung Koenitz, Dresden
Hermann Naumanns internationaler Ruf liegt in seinen überragenden Leistungen als Grafiker und Illustrator begründet. Hier ist ihm immer wieder Großartiges gelungen, weil seine Illustrationen nie anekdotisch abschildern, sondern poetische Parallelschöpfungen darstellen, die das literarische Werk individuell deuten.
Hermann Naumann. Zum 80. Geburtstag, Faltblatt zur Ausstellung, Dresden: Kunsthandlung Koenitz 2010