Erich Heckel

Unter den Künstlerfreunden der Brücke war der junge Erich Heckel ein Träumender, ein an seiner Zeit und der Wirklichkeit Verzweifelnder, dessen Kunst einer tiefen Sehnsucht nach Ausgleich zwischen Individuum und Welt Ausdruck verlieh. Diese Humanität bildet zugleich das Kontinuum der zwischen schwärmerischer Radikalität und gedämpfter Klassizität weit auseinander strebenden Werkphasen seines fast 65 Jahre währenden Schaffens. Während die Linie als das bestimmende bildstabilisierende Element mit den Jahren immer mehr zurücktrat und dem harmonischen Verbund von Farbfeldern in der Fläche den Vortritt lies, entwickelte Heckel eine starke Vorliebe für die Landschaftsmalerei, deren Motive er aus allen Weltgegenden zusammentrug.

[englisch Version:]Among the artist friends of Bruecke, the young Erich Heckel was a dreamer, one who despaired of his time and reality, whose art gave expression to a deep longing for a balance between the individual and the world. This humanity also forms the continuum of the work phases of his almost 65 years of creative work, which range from rapturous radicalism to muted classicism. While the line increasingly receded over the years as the defining stabilising element of the picture and gave way to the harmonious combination of colour fields in the surface, Heckel developed a strong preference for landscape painting, whose motifs he collected from all parts of the world.

Erich Heckel

Vita

1883 in Döbeln geboren
1897-1904 während des Besuchs des Besuchs des Realgymnasiums in Chemnitz Beginn der Freundschaft mit Karl Schmidt-Rottluff
1904/1905 Studium der Architektur an der Technischen Hochschule in Dresden, wo er Ernst Ludwig Kirchner und Fritz Bleyl kennenlernt
1905 als Zeichner im Architekturbüro von Wilhelm Kreis tätig
Gründung der Künstlergemeinschaft Brücke zusammen mit Fritz Bleyl, Ernst Ludwig Kirchner und Karl Schmidt-Rottluff
1906 Anmietung eines Schusterladens in Dresden-Friedrichstadt, in dem sich die Künstlerfreunde gemeinsam ein Atelier einrichten
1907 Sommeraufenthalt mit Karl Schmidt-Rottluff in Dangast und Dangastermoor
1909 Italienreise
1909-1911 in den Sommermonaten mit Ernst Ludwig Kirchner und Max Pechstein an den Moritzburger Seen
1911 Heirat mit Milda Frieda Georgi in Berlin
1912 mit den anderen Brücke-Künstlern Teilnahme an der Internationalen Sonderbund Ausstellung in Köln
Freundschaft mit Lyonel Feininger, Franz Marc und August Macke
1913 Auflösung der Künstlergruppe Brücke
erste Einzelausstellung in der Galerie von Fritz Gurlitt in Berlin
Beginn der lebenslangen Freundschaft mit dem Kunsthistoriker, Sammler und Mäzen Walter Kaesbach
1913-1944 regelmäßige Sommeraufenthalte in Osterholz an der Flensburger Förde, wo er 1919 ein Bauernhaus erwirbt
1915-1918 im Ersten Weltkrieg Ausbildung zum Krankenpfleger, dann Dienst als Sanitäter in Flandern (Ostende), wo er Max Beckmann und James Ensor begegnet
1918 Rückkehr nach Berlin
1919 Ausstellung in der Kestner-Gesellschaft in Hannover
1919-1921 intensive Landschaftsmalerei in der Röhn, im Eichsfeld, im Allgäu, im Erzgebirge, Im Schwarzwald und am Bodensee
1922 Auftrag für den Wandbildzyklus ″Lebensstufen″ im Angermuseum in Erfurt
1923 Ausstellung im Städtischen Museum Danzig
1925 Ausstellung in der Galerie Richter in Dresden und der Galerie Nierendorf in Düsseldorf
1931 größere Retrospektive in der Kunsthütte in Chemnitz
1937 Diffamierung als ″entarteter Künstler″, Ausstellungsverbot sowie Beschlagnahme zahlreicher Werke aus Museumsbesitz
1944 Verlust des Berliner Ateliers durch Bombenangriff
Übersiedlung nach Hemmenhofen am Bodensee
1949-1955 Lehrauftrag an der Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe
1953 zum 70. Geburtstag Ausstellung unter anderem im Folkwang-Museum Essen und in der Kunsthalle Karlsruhe
1963 zum 80. Geburtstag Ausstellung unter anderem in der Kunsthalle Karlsruhe und in der Staatsgalerie Stuttgart
1970 gestorben in Radolfzell am Bodensee
Alles drängte zur Klärung und Verdichtung, und damit gewann zugleich die Linie an Bedeutung. Heckel besaß ein so ausgeprägtes Gefühl für die Linie, dass es nicht überrascht, wie stark dieser Künstler seine eigenwilligen Bildvorstellungen auch in der Graphik zu realisieren vermochte. Das gilt insbesondere für den Holzschnitt, der am deutlichsten erkennen lässt, wie nachhaltig von hier aus seine Malerei beeinflusst wurde. (...) Das schöpferische Ringen um überzeugende Vereinfachung und suggestive Strenge fand das entscheidende Ausdrucksmittel im spröden Holz.
Horst Jähner
Künstlergruppe Brücke, Berlin: Henschelverlag 1984